Nachhaltiges Bauen: Trend oder Überlebensstrategie?

8. Dezember 2023

Foto: Marcus Jacobs

Von Alexandra Brandes-Fricke

Ist nachhaltiges Bauen Trend, Überlebensstrategie oder gar beides? Dieser Frage ging ein Thementalk auf dem Klimafestival für die Bauwende in Berlin nach. Die Teilnehmer:innen forderten ein Umdenken in Planung und Produktion.

Auf dem Podium saßen Gerhard Feldmeyer (Landmarken AG), Lars Engelke (OBJECT CARPET), Mike Kraus (ArcelorMittal Steligence) und Markus Aubele (KLEUSBERG). Im Verlauf des Gesprächs verständigten sie sich darauf, dass Recycling, Zirkularität und innovative Technologien unverzichtbar seien. Es brauche ein Umdenken in der Planung und der Produktion.

„Alle Stoffe haben eine Identität“, so Gerhard Feldmeyer, der sich als geschäftsführender Gesellschafter bei HPP Architekten schon viele Jahre und immer wieder neu, wie er berichtete, mit der Ökobilanz von Gebäuden beschäftigt habe. Mit dem Interesse und Verständnis für Material und Bauteile könne man das Mindset entwickeln, die Art und Weise des Bauens zu verändern, anstatt linear weiterzubauen, sagte er. Neben Effizienz und Zirkularität sei, laut Feldmeyer, auch Suffizienz eine Nachhaltigkeitsstrategie, die Betrachtung von Bauwerken als „Product as a Service“.

Die Bereitschaft zum Umdenken hat OBJECT CARPET mit NEOO, dem ersten zirkulären Teppich aus Monomaterial, bewiesen. Durch den Verzicht auf Füllstoffe ist der Teppich zu 100 Prozent recycelbar und die Basis für den Wertstoffkreislauf geschaffen. Lars Engelke, COO des Unternehmens, sieht die Bauindustrie in der Verantwortung: So seien neue Produktionstechnologien eine Investition in die Zukunft, für die sich OBJECT CARPET Nachahmer wünsche, um das Thema Nachhaltigkeit in der Branche gemeinsam nach vorne zu bringen, sagte er.

Das sortenreine Recycling im Stahl-Modulbau liege, laut Markus Aubele von KLEUSBERG, heute bei etwa 90 Prozent. Mit der Holz-Hybrid-Bauweise hat auch KLEUSBERG die Produktion um eine nachhaltige Alternative erweitert. Da modulare Gebäude ganz oder teilweise umgenutzt oder sogar versetzt werden können, sei ihr Lebenszyklus länger als der von konventionellen Bauten. Umdenken heiße auch, Vorurteile zu überwinden, beispielsweise hinsichtlich der  Gestaltung im Modulbau. Die einzigen Grenzen, so Aubele, seien Höhe und Breite der Module.

Zusammenhalt ist auch für Mike Kraus von ArcelorMittal Steligence® grundlegend, um der gemeinsamen Agenda zur Bauwende in der Stahlindustrie zu folgen. Zwar werden mit der Produktion von „grünem Stahl“ etwa 83 % der CO2-Emissionen reduziert. Mit Elektrostahl statt Hochofenstahl, dem Stahlrecycling und der Nutzung von Stahlschrott seien erste Schritte gemacht. Der Steligence® Ansatz richte sich vielmehr an die Planung, um Stahl zu reduzieren, wo dieses durch Optimieren möglich sei. Mit Offenheit auf allen Seiten komme man auf einen gemeinsamen Weg, so Kraus.

Am Ende des Thementalks stand fest: Nachhaltiges Bauen ist mehr Überlebensstrategie. Mit der Planung eines digitalen Zwillings vom Projekt, welche die Produktphase vor der Planungsphase respektiert, können Material eingespart und angepasst, Wartung und Reparatur einbezogen und ressourcenschonende, emissionsarme Technologien ausgeschöpft werden. Durch Schließen der Kreisläufe von der Herstellung über Nutzung und Recycling bis hin zur Wiedernutzung habe nachhaltiges Bauen das Potenzial, nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv zu werden, lautete das Resümee von Gerhard Feldmeyer.

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