Die Bauwende als Gemeinschaftsaufgabe
28. November 2024
Von Sophie Marie Schmidt
Fünf Stimmen für eine ökologische und soziale Transformation der Baubranche
Umweltschutz, Zirkularität und Nachhaltigkeit beim Planen und Bauen erfordern ein enges Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Bauwende – so der einhellige Appell von Andrea Gebhard (Bundesarchitektenkammer), Dr. Antje Eichler (Bauindustrie), Anastasija Radke (Verband für Bauen im Bestand), Dr. Katharina Reuter (Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft) und Dr. Ipek Ölcüm (Industrieverband Lehmbaustoffe) – kann nur durch gemeinsames Handeln erfolgreich vorangetrieben werden. In kurzen Impulsen riefen die fünf Vertreterinnen aus unterschiedlichen Bereichen der Baubranche in der Auftakt-Keynote des Klimafestivals 2024 nicht nur zu stärkerem ökologischem Bewusstsein, sondern insbesondere zu mehr sozialer Gerechtigkeit und demokratischer Mitgestaltung auf.
„Wenn man diese Bilder sieht, möchte man am liebsten resignieren“, leitete Andrea Gebhard von der Bundesarchitektenkammer den einstündigen Paneltalk ein und nahm damit Bezug auf den vorangegangenen Eröffnungsvortrag des Naturfotografen und Umweltaktivisten Markus Mauthe. Mit seinen eindrucksvollen Fotografien brachte der Referent die weitreichenden Auswirkungen des oft schwer greifbaren Klimawandels in die Station Berlin und schuf so einen emotionalen und eindringlichen Einstieg in die zweitägige Veranstaltung. Dass Aufgeben allerdings keine Option ist und jetzt gezielte Strategien seitens Politik und Gesellschaft gefordert sind, stellte die Landschaftsarchitektin und Stadtplanerin im Rahmen der Fragestellung „Was sind unsere Möglichkeiten in der Baubranche?“ klar. Mit Vorschlägen wie der verstärkten Umnutzung bestehender Bausubstanzen, einer Reduktion von Neubauten, gezielter Materialeinsparung und der Förderung einer besseren Vernetzung zwischen allen an der Planung beteiligten Akteur*innen gab sie erste Denkanstöße für eine zukunftsorientierte und nachhaltige Baupraxis.
Auch ihre Mitreferentinnen betonten die zentrale Bedeutung von Austausch, gegenseitigen Abhängigkeiten und Kooperation: So setzt Antje Eichler auf eine stärkere Nachfrage nach nachhaltigen Produkten seitens der Besteller*innen für eine sauberere Bauindustrie, während Katharina Reuter die motivierende Kraft positiver Effekte der Bauwende im eigenen Zuhause hervorhob. So könne beispielsweise die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien langfristig zu einer Senkung der Energiekosten beitragen.
Anastasija Radke vom Verein für Bauen im Bestand und ihre Kollegin Annabelle von Reutern setzten einen besonderen Schwerpunkt auf die Rolle von Frauen in der Bauwende und beleuchteten die Thematik aus einer feministischen Perspektive. Sie machten auf die patriarchalen Strukturen aufmerksam, die nicht nur die Branche, sondern auch unsere Gesellschaft dominieren, und appellierten an die Notwendigkeit von mehr Zusammenhalt, Geschlechtergerechtigkeit sowie Mut und Ausdauer. Dem achtsamen Umgang mit den eigenen Ressourcen schrieben sie dabei eine besondere Bedeutung zu.
Das Schlussplädoyer hielt Ipek Ölcüm, Vorsitzende des Industrieverbandes Lehmbaustoffe. Die Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht richtete den Blick auf die Frage, welche eigenen Wirkräume wir im Bereich ökologischer Baustoffe haben und sprach sich für einen hybriden Ansatz in der Baukonstruktion aus, um die Stärken einzelner Komponenten optimal zu nutzen. Ein Pragmatismus, der sich auf das übergeordnete Credo „Gemeinsam für die Bauwende“ übertragen lässt. Denn trotz ihrer unterschiedlichen Fachbereiche und Perspektiven teilen die fünf Rednerinnen ein zentrales Ziel: das Gelingen der Bauwende. Und dies – so wurde es in ihren Beiträgen deutlich – geht nur gemeinsam!