
Foto: Marcus Jacobs
Nachträgliche Gebäudebegrünung: Motive und Potenziale im Bestand mit Rebecca Landwehr
Rebecca Landwehr, Teamleiterin beim Bundesverband GebäudeGrün (BuGG), beleuchtete im Workshop „BestandsGebäudeGrün“ am Mittwochnachmittag des Klimafestivals die vielfältigen Motivationen für die nachträgliche Begrünung von Gebäuden.
Gleich zu Beginn machte sie deutlich, dass die Beweggründe der Eigentümer*innen entscheidend für die Umsetzung solcher Maßnahmen sind: Während manche vor allem auf ästhetische Aufwertungen setzen, stehen bei anderen praktische Vorteile wie Verschattung, Kühlung oder eine verbesserte Aufenthaltsqualität im Vordergrund. „Auch staatliche Förderprogramme können ein starker Anreiz sein“, erläuterte Landwehr.
Als Einstieg in das Thema erklärte Landwehr zunächst, warum Begrünung an Gebäuden sinnvoll ist: „Gerade in stark versiegelten, dicht bebauten Stadtgebieten sind Hitzeperioden und Starkregenereignisse besonders spürbar. Begrünte Dächer und Fassaden können hier durch Regenwasserrückhalt, Verdunstungskühlung, Verschattung und mehr Aufenthaltsqualität einen wichtigen Beitrag zur Klimaanpassung leisten.“
Sie betonte, dass das Potenzial im Bestand groß ist, gleichzeitig aber oft an Kostenabwägungen scheitert: Sobald begrünte Lösungen teurer erscheinen als Alternativen, werden Projekte schnell verworfen. Gleichzeitig können schon kleinere Maßnahmen einen spürbaren Unterschied für die Biodiversität machen. Dabei zeigte sich deutlich, dass Landwehr das Thema mit einem starken Realismus und Verständnis für die Praxis angeht – ihr ist bewusst, dass Eigentümer*innen Bestandsgebäude nur dann begrünen, wenn sie auch einen direkten Nutzen daraus ziehen.
Eines der von Landwehr präsentierten Beispiele war der Hochbunker in St. Pauli, den sie eher kritisch als „Leuchtturmprojekt“ bezeichnete, da das Projekt ihrer Meinung nach vor allem als Vorzeigeobjekt dient und in der Praxis nur begrenzte stadtklimatische Vorteile bringt. Trotzdem plädierte sie dafür, dass selbst kleine Begrünungsmaßnahmen positive Auswirkungen haben können. Zur Veranschaulichung nannte sie die Begrünung eines Bushaltestellendachs: Zwar beeinflusst es aufgrund seiner geringen Größe das Mikroklima kaum, bietet jedoch einer seltenen Bienenart in der Umgebung wertvollen Lebensraum.
Zum Abschluss fasste sie die fünf zentralen Punkte zusammen, die den Zuhörer*innen im Gedächtnis bleiben sollten: die Notwendigkeit einer praktischen Motivation, ein definiertes Vorhaben mit klaren Zielen und früh geklärtem Projektumfang, eine sorgfältige Eignungsprüfung von Statik, Lasten und technischen Voraussetzungen, die frühzeitige Einbindung fachkundiger Planungs- und Baubeteiligter sowie die Nutzung staatlicher Förderungen, die Projekte wirtschaftlicher machen und ihre Umsetzung erleichtern.
Frau Landwehr vermittelte erfolgreich, dass die Umsetzung nachträglicher Begrünung im Bestand weniger an technischen Hürden scheitert als an Motivation, Planung und bürokratischen Rahmenbedingungen. Landwehr kommunizierte ihr Fachwissen ruhig und sehr zugänglich, zog die Zuschauer*innen immer wieder aktiv in die Präsentation ein und regte anschließend eine lebhafte Fragerunde an. Gleichzeitig zeigte sie, wie vielfältig die Möglichkeiten sind: vom großflächig begrünten Hochbunker in St. Pauli bis zu kleinen Dach- oder Bushaltestellendachprojekten, die Lebensräume für seltene Tierarten schaffen. Für die Teilnehmer*innen wurde damit greifbar, welche Faktoren bei der Planung und Umsetzung berücksichtigt werden müssen und welche Chancen selbst kleine Maßnahmen für Klima, Biodiversität und städtisches Wohlbefinden bieten.
Von Fabienne Pyszka
