
Foto: Marcus Jacobs
Mit der Natur wachsen – Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen wie Holz, Hanf oder Stroh
Nachwachsende Rohstoffe bieten enormes Potenzial für eine nachhaltige Bauweise. Die klimafreundlichen CO₂-Speicher sind regenerativ, rezyklierbar, biologisch abbaubar und als Baustoff vielfältig einsetzbar. Ihre Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig, doch warum gelingt der Durchbruch noch nicht flächendeckend?
Impulse aus dem Klimafestival: Workshop mit Vorbildcharakter
BIngK lud im Rahmen des diesjährigen Klimafestivals zu einem Workshop ein, moderiert von Pressesprecher und Podcaster Witold Buenger. Mit dabei waren:
- Patricia Jeglitsch (Bauhaus der Erde)
- Hendrik Behrens (ABC – Attitude Building Collective)
- René Görnhardt (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.)
- Britta Imhoff (Fachverband Strohballenbau, freiberufliche Tragwerksplanerin)
Alle eint ein Ziel: Erfahrungen teilen, Vorbehalte abbauen und Mut machen, mit biobasierten Materialien zu bauen.
Warum biobasierte Baustoffe Hoffnung geben
Die gute Nachricht zuerst: Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe nimmt zu. „Klimagerechtes Bauen braucht Pionierarbeit“, betont Patricia Jeglitsch. Projekte von Bauhaus Erde wie der „Mass is More“ Barcelona-Pavillon, die Holz-Lehm-Hybriddecke sowie eine Studie zum Potenzial wiedervernässter Moore auf CO₂-Speicherung und nutzbare Paludi-Biomasse zeigen, wie klimafreundliches Bauen mit biobasierten Baustoffen aussieht.
Auch Hendrik Behrens verdeutlicht die enormen Möglichkeiten von Holz, Bambus, Hanf, Stroh und Pilzmyzel. Über den Einsatz als Dämmstoff hinaus lassen sich ihre von Natur aus gegebenen thermischen und akustischen Eigenschaften mit Lehm kombinieren. Mit Lehm als nahezu CO₂-neutralem Bindemittel entstehen weitere leistungsfähige Baustoffe, die mit der DIN 18940 Lehmsteinmauerwerk bereits als solche anerkannt sind. Stark ist auch der „Alleskönner Holz“, der seinen Anteil allein in tragenden Konstruktionen bereits auf 22 % gesteigert hat.

Patricia Jeglitsch die Holz-Lehm Hybrid Kappdecke vor – tragend und komplett rückbaubar (Foto: Alexandra Brandes-Fricke)
Hürden auf dem Weg zur breiten Anwendung
Trotz Fortschritten werden naturbasierte Baustoffe nicht großflächig eingesetzt. „Brauchen wir das nicht?“, fragte Behrens die Teilnehmenden des Workshops.
· Planungsbüros kämpfen mit komplexen Zulassungen.
· Kommunen setzen biobasierte Materialien selten in Ausschreibungen voraus.
· Gesellschaftliche Vorbehalte bremsen die Nachfrage.
René Görnhardt appelliert daher, „Projekte vor der Nase“ nachhaltig umzusetzen. Private und insbesondere öffentliche Auftraggeber sollten nachwachsende Rohstoffe in Ausschreibungen gezielt vorgeben. Trotz Forschungsarbeit und Etablierung der Muster-Holzbau-Richtlinie (MHolzBauRL) sei es für viele Planungsbüros schwierig, Bauvorhaben mit regenerativen Materialien zu planen und alle nötigen Zulassungen zusammenzutragen. Finanzielle Förderung kann nur unterstützen.
Die 1.800 Strohballenhäuser, die allein in Deutschland realisiert wurden, beweisen, dass Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen möglich ist. Laut Britta Imhoff ist die jahrhundertealte Siedlungsbauweise in die Gegenwart zurückgekehrt – nicht nur für kleine Gebäude. Genossenschaftliche Wohnbauprojekte, Sanierungen und Aufstockungen zeigen, dass sich der lasttragende Strohballenbau als auch die Holzbauweise mit Strohballendämmung perspektivisch vergrößern.
Fazit: Haltung entscheidet
Technische, bürokratische und gesellschaftliche Hürden lassen sich überwinden. Entscheidend ist „die Haltung zum nachhaltigen Lebenswandel und nachhaltigen Bauen“, fasst Witold Buenger zusammen. Ressourcen schonen ist der Maßstab für das Mögliche. Denn mit der Natur bauen bedeutet, nur so viel Biomasse zu entnehmen, wie mit der Natur wachsen kann.
Von Alexandra Brandes-Fricke
