Materialpool Großbaustelle: Über das Forschungsprojekt Stuttgart 210

30. April 2025

Foto: Achim Birnbaum

Um eine Betonwand zu errichten, werden Schalungen benötigt, die nach dem Bau meist entsorgt werden. Besonders dann, wenn diese nicht standardisiert sind, fällt viel Abfall an. Beim Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs wurden für 28 Kelchstützen individuell gefräste, dreidimensional geschwungene Schalungen aus rund 5.000 Kubikmeter mehrfach blockverleimtem Brettsperrholz angefertigt. Nach Gebrauch wären sie wegen anhaftender Betonreste und Beschichtungen zum größten Teil verbrannt worden. 

Im Forschungsprojekt „Stuttgart 210: Weiterdenken – weiterbauen!“ suchte ein interdisziplinäres Team von 2022 bis 2024 nach Alternativen und entwickelte Konzepte zur Wiederverwendung der komplexen Holzelemente. Beteiligt waren die Hochschule für Technik, Wissenschaft und Gestaltung Konstanz, die Hochschule für Technik Stuttgart und die Hochschule Karlsruhe. Zum Projektteam gehörte außerdem die ProHolz Baden-Württemberg, ZÜBLIN Timber und Ed.Züblin stellten die Schalungselemente zur Verfügung. Finanziert wurde das Vorhaben vom Land Baden-Württemberg im Rahmen der Holzbau-Offensive BW.  

Neben ökologischen, technischen und juristischen Fragen stand im Fokus, wie sich ein Upcycling praktisch umsetzen lässt. In Form von Partnerschaften mit kommunalen Bauträgern wurden die entworfenen Konzepte direkt erprobt. Das erste von vier sogenannten Reallaboren entstand in Ingersheim bei Stuttgart, wo die gekrümmten Holzteile der Kelchstützenschalungen im Rahmen eines Workshops gereinigt und neu zusammengesetzt wurden. Sie bilden nun einen atmosphärischen Gewölberaum für den örtlichen Jugendclub. An diesem Beispiel wird deutlich, welches Potenzial in vermeintlichem Sondermüll steckt: Die komplexe Gewölbegeometrie wäre in der Herstellung zu teuer gewesen, wenn es die Elemente nicht schon gegeben hätte. 

Dieser Text basiert auf einem redaktionellen Beitrag von BauNetz Wissen.

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