Foto: Marcus Jacobs

Gebäude als CO2-Speicher: Openly und MyClimate über das Potenzial biogener Baustoffe

Published On: 4. Dezember 2025

Wie lässt sich die Bauindustrie so gestalten, dass sie der Umwelt guttut und gleichzeitig wirtschaftlich profitabel ist? Dieser Frage widmete sich Andy Keel, Geschäftsführer von Openly, im Workshop „Gebäude als CO₂-Speicher“, moderiert von MyClimate-Geschäftsführer Harald Rettich.

Gleich zu Beginn hinterfragte Keel eine in der Bauindustrie allzu bekannte Tatsache: „Architektur trägt zu einem Viertel der globalen CO₂-Emissionen bei. Wie können wir das ändern?“

Im Zentrum seines Vortrags standen biogene Baustoffe wie Holz und Hanf und ihr Beitrag zur CO₂-Einsparung. Keel beleuchtete, dass nachhaltiges Bauen nicht nur bei der Produktion der Materialien beginnt, sondern mehrere Schritte umfasst: Transport, Nutzung im Gebäude, Langlebigkeit und schließlich die Wiederverwendbarkeit oder Rückführung in natürliche Kreisläufe. Dabei verknüpfte er ökologische Aspekte konsequent mit wirtschaftlichen Überlegungen: Klimafreundliche Lösungen setzen sich in der Praxis häufig erst dann durch, wenn sie sich finanziell lohnen.

Als Beispiel präsentierte er sein Pilotprojekt, ein Mehrfamilienhaus am Bodensee – das derzeit größte Hanfgebäude Europas. Dort wurden rund 400 Kubikmeter Hanfbeton und 2.600 Quadratmeter Hanfziegel verbaut. Anhand dieses Projektes erläuterte er, wie biogene Baustoffe CO₂ senken, da pflanzliche Materialien Photosynthese betreiben, und örtlich angebaut werden können. „Unsere Gebäude sind so konzipiert, dass sie am Ende ihrer Lebensdauer problemlos wieder dem Kreislauf zugeführt werden können“, ergänzte Keel und verwies darauf, dass ein Teil der Baukosten durch CO₂-Zertifikate ausgeglichen wurde.

Foto: Marcus Jacobs

Die anschließende Diskussion im überwiegend architektonisch geprägten Publikum drehte sich vor allem um die Frage, warum biogene Materialien trotz ihrer Vorteile bislang nur begrenzt eingesetzt werden. Genannt wurden unter anderem fehlende Erfahrung im Handwerk sowie Unsicherheiten im Umgang mit neuen Baustoffen. Keel betonte, dass viele dieser Materialien technisch unkompliziert seien und dass das notwendige Wissen aufgebaut werden könne.

Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion waren CO2-Zertifikate. Das Publikum machte auf die bürokratischen Hürden aufmerksam: Der Zertifizierungsprozess sei zeitaufwändig, kostspielig und für kleinere Projekte kaum verhältnismäßig. Im Austausch kristallisierte sich heraus, dass sich Zertifikate vor allem bei größeren Bauvorhaben oder in Kombination mit anderen Fördermaßnahmen lohnen würden.

Der Workshop machte deutlich: Klimafreundliches Bauen scheitert weniger an technischen Möglichkeiten als an fehlendem Wissen, komplexen Prozessen und wirtschaftlichen Strukturen. Gleichzeitig zeigte sich, dass biogene Baustoffe ein erhebliches Potenzial zur CO2-Einsparung bieten und (richtig eingesetzt) ökologische und ökonomische Vorteile miteinander verbinden können. Für die Teilnehmenden wurde damit greifbar, wie sich nachhaltige Materialien praktisch einsetzen lassen und welche Faktoren beim Planen und Bauen berücksichtigt werden müssen.

Von Fabienne Pyszka

Beitrag teilen