Foto: Sebastian Dörken

Der blinde Fleck der Bauwende: Interieur und Nachhaltigkeit

Published On: 13. November 2025

Nachhaltigkeit ist zur neuen Ästhetik geworden. Sie steht auf Einladungen, dominiert Messen und Marketingfolien, riecht nach Holz und klingt nach Verantwortung. Doch hinter der grünen Fassade lauert ein Widerspruch. Die Branche, die Räume verschönert, hat lange verdrängt, dass sie zugleich Ressourcen verschwendet. Innenarchitektur galt als Schaufenster des Fortschritts. Die aktuelle BauNetz WOCHE #683 macht deutlich: Das Interieur muss zum Labor der Kreislaufwirtschaft werden. 

Wenn vom klimafreundlichen Bauen die Rede ist, denken viele an recycelten Beton, Wärmepumpen und Dämmstoffe. Doch der wahre CO₂-Verbrauch lauert hinter der Fassade. Studien zeigen, dass Böden, Wände, Decken, Möbel und technische Ausstattung über die Lebensdauer eines Hauses fast ebenso viele Emissionen verursachen können wie dessen Bau. Denn der Innenausbau im Objektbereich wird durchschnittlich alle zehn bis fünfzehn Jahre erneuert – eine ständige Häutung aus Holz, Stahl, Kunststoff und Farbe. Über Jahrzehnte summieren sich diese Zyklen zu einem CO₂-Rucksack, der dem Neubau kaum nachsteht.  

Foto: BauNetz WOCHE #683

Vor allem Möbel und Oberflächenmaterialien entscheiden darüber, wie groß dieser Fußabdruck wird. Wer Emissionen senken will, muss Innenarchitektur also langlebig, modular und kreislauffähig denken. Nachhaltigkeit beginnt dort, wo Menschen arbeiten und leben – im Inneren des Gebäudes. Innenarchitektur ist keine Kulisse, sondern Substanz. Wer über die Bauwende spricht, darf sie nicht ausklammern. Denn was hinter der Fassade geschieht, beeinflusst Energieverbrauch, Materialeinsatz und Lebensdauer. Gefordert ist ein neues Denken im Entwerfen selbst. Die Frage lautet nicht nur: Wie sieht ein Raum aus? Sondern auch: Was wird er hinterlassen?  

Dieser Text basiert auf den redaktionellen Inhalten der BauNetz WOCHE #683, die begleitend zum neuen Ausstellungsbereich GREENTERIOR auf dem Klimafestival in Berlin am 19./20. November 2025 erscheint. Hier geht es zum Download der Ausgabe. 

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