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Die Zukunft des Bauens

Published On: 3. Dezember 2025

Baustoff Zukunft: Warum die Bauwende längst begonnen hat
Es beginnt nicht mit einem Paukenschlag, sondern mit einem Satz, der im Saal hängen bleibt wie ein Versprechen: „Zirkuläres Bauen wird Mainstream.“ Elena Petkova von CircularLCA by Concular stellt ihn gleich zu Beginn ihres Vortrags in den Raum – und plötzlich wirkt die Zukunft des Bauens nicht mehr wie eine ferne Vision, sondern wie eine Aufgabe, die gerade erst richtig Fahrt aufnimmt.

Zirkular statt linear: Ein altes Prinzip wird neu gedacht
Petkova erinnert daran, dass kreislaufgerechtes Bauen alles andere als futuristisch ist. „Schon im alten Rom“, sagt sie, „wurden Materialien wiederverwendet – linear wurde erst seit der Industrialisierung gebaut.“ Heute sei klar: Wenn wir bis 2050 klimaneutral sein wollen, müsse „mit dem gearbeitet werden, was da ist“. Besonders die graue Energie rückt in den Fokus, ebenso wie die ab 2028 geltende Pflicht zur Lebenszyklusberechnung von Neubauten.

Concular setzt dafür auf ein klares Drei-Schritte-Modell: Digitalisieren. Realisieren. Bilanzieren. Inzwischen wurden über 24.000 Bauteile katalogisiert – und das in sieben EU-Ländern. „Zirkularität ist das nachhaltigste Geschäftsmodell“, fasst Petkova zusammen. Die jüngst geschlossene Kooperation mit dem Bauministerium NRW zeigt, wie ernst das Thema inzwischen politisch genommen wird.

Foto: Marcus Jacobs

„Das Gebäude als Potenzial“ – und eine Branche, die umdenkt

Moderatorin Miriam Beul möchte wissen, wie es sich anfühlt, ein völlig neues Marktverständnis etabliert zu haben. Petkova lächelt: „Vor fünf Jahren wollten Hersteller nichts mit uns zu tun haben. Heute kommen sie von selbst, um zusammenzuarbeiten.“ Ein Mentalitätswechsel, der sich durch die gesamte Branche zieht.

Die vertretenen Hersteller bestätigen das. Ahmed Gür von Xella sagt: „Früher hieß Nachhaltigkeit Recycling. Jetzt heißt sie Zirkularität.“ Bei Xella werden Rohstoffe wieder in die Produktionsprozesse zurückgeführt. Bei James Hardie Europe berichtet Daniel Stegmann von der Rücknahme und dem Recycling der Fermacell-Platten: „Wir haben unseren Zementanteil stark reduziert – das senkt CO₂ spürbar.“ Für diese Fortschritte gab es das ECO-1-Konzept, eine Art Gütesiegel für besonders emissionsarme Bauprodukte, die höchste ökologische Anforderungen erfüllen.

Innovativ wird es auch bei der Gebäudetechnik: Matthias Gröninger stellt ein Fensterelement vor, das mithilfe von Nachtauskühlung die Belüftung automatisiert optimiert – ein kleines Bauteil mit großer Wirkung.

Zirkularität braucht Regeln – und Mut

So unterschiedlich die Ansätze der Gäste sind, in einem Punkt herrscht Einigkeit: Die größte Herausforderung bleibt die Rückführung der Materialien. Jede Firma betreibt derzeit ihr eigenes Rücknahmesystem – ein Flickenteppich, der die Kreislaufwirtschaft ausbremst. Gemeinsame Regularien seien überfällig.

Für Petkova steht fest: „Das Mindset muss sich ändern.“ Gerade bei der Frage der Gewährleistung gebe es noch zu viele Bedenken. Nachhaltigkeit müsse wirtschaftlich werden.

Die Bauwende ist kein Trend – sie ist eine Bewegung
Was von diesem Talk bleibt, ist Optimismus. Nicht der naive, sondern der konstruktive: Die Bauindustrie steht an einem Wendepunkt, und viele haben längst begonnen, Verantwortung zu übernehmen. Zirkuläre Geschäftsmodelle, recyclingfähige Baustoffe, digitale Gebäudepässe, intelligente Komponenten – das alles zeigt: Die Zukunft des Bauens entsteht nicht irgendwann. Sie entsteht jetzt. Und sie entsteht dort, wo Menschen bereit sind, Neues zu wagen und Altes neu zu denken.

Von Tanja Roth

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